Für viele Erwachsene mit ADHS ist der Alltag eine ständige Herausforderung – nicht nur bei der Arbeit oder in der Selbstorganisation, sondern vor allem auch in sozialen Interaktionen. Ob im Gespräch mit Freunden, bei Familientreffen oder im beruflichen Kontext, ADHS kann die Kommunikation und das Miteinander erheblich erschweren. Oft entstehen Missverständnisse, die zu Frustration und sogar Isolation führen. In diesem Beitrag beleuchte ich die typischen Schwierigkeiten, die Erwachsene mit ADHS im sozialen Umfeld erleben, und zeige dir, wie diese Hürden den Alltag beeinflussen können. Erfahre, welche Faktoren zu diesen Herausforderungen beitragen und wie du ihnen entgegenwirken kannst, um ein erfüllteres soziales Leben zu führen.

Soziale Interaktion und deren Probleme
Als Person mit ADHS kommen mehrere Faktoren zusammen, die uns Alltagsgespräche mit anderen erschweren.
Grund dafür sind wie so oft die Symptome, die das ADHS mit sich bringt.
Hier ein paar Beispiele für Probleme in sozialen Interaktionen und deren Ursache:
Gespräche unterbrechen
Dass wir unser Gegenüber nicht immer ausreden lassen, liegt an der Impulsivität, die manche Menschen mit ADHS haben.
Wir hören ein Wort, was uns an etwas anderes denken lässt, was wir dem/der Anderen gerne mitteilen möchten. Aber wenn wir warten würden, bis der Satz zu Ende ist, hätten wir das längst wieder vergessen, weil bis dahin drei weitere Wörter gefallen sind, die mit neuen Gedankensprüngen einhergehen.
Also ist die einizge Möglichkeit, kurz dazwischen zu funken und unseren Gedanken kundzutun.
Allerdings geht das meist mit einer gewissen Scham einher, denn natürlich wissen wir auch, dass es nicht beesonders höflich ist das Gegenüber ständig zu unterbrechen.
Daraus folgt, dass wir uns wieder hinter einer Maske verstecken und uns anstrengen den Impuls des Zwischenrufes zu unterdrücken.
People pleaser
Für viele Menschen mit ADHS gehört es für soziale Interaktion oft dazu, dass sie versuchen es anderen Menschen immer recht zu machen.
Das kann daran liegen, dass viele Erwachsene mit ADHS in eine gewisse Zurückweisungsempfindlichkeit haben. Diese entsteht beispielsweise, weil man bereits viel Ablehnung erhalten hat, vielleicht auch direkt auf deine ADHS Diagnose oder Vermutung.
Auch die Kombination von starken Emotionen mit dem Gefühl, entmachtet durchs Leben zu gehen, kann dazu führen, dass wir uns in einem Hyperfokus auf die Furcht, andere zu enttäuschen, wiederfinden. Es ist wie ein Blitz der Angst, dass wir Erwartungen nicht erfüllen könnten.
Smalltalk
Eine Abneigung gegen Smalltalk ist bei Menschen mit ADHS nicht selten.
Das liegt daran, dass diese Art der Unterhaltung für uns geistig erschöpfend ist. Denn Small Talk ist wenig anregend und fesselt deshalb nicht unsere Aufmerksamkeit. Also schweifen unsere Gedanken schnell ab und wir denken an all die anderen Dinge, die wir noch erledigen sollten.
Wenn wir dann noch mit Menschen Smalltalk halten sollen, die wir kaum kennen, ist die Ablenkung und soziale Awkwardness vorprogrammiert.
Oversharing
Kennst du das: wenn du einmal im Redefluss bist, weißt du nicht, wann du am besten wieder aufhören solltest zu reden und gibst viel zu viele persönliche Details preis? So geht es vielen Menschen mit ADHS die Impulsivität als Symptom haben.
Die Impulsivität bewirkt, dass wir uns von unseren Emotionen und unserem Enthusiasmus leiten lassen. Zu spät realisieren wir, dass wir mehr geteilt haben, als wir eigentlich wollten.
Da uns das Reden über Themen für die wir brennen einen Dopamin-Boost verpasst, ist es umso schwieriger, damit aufzuhören.
Andere Möglichkeiten für einen Dopamin-Boost im Alltag findest du in diesem Artikel.
Social Awkwardness
Die meisten Menschen mit ADHS kennen das Gefühl sich in sozialen Interaktionen „clumsy“ oder „off“ zu fühlen.
Grund dafür können verschiedene Dinge sein. Vielleicht hat man aus Impulsivität etwas Unangebrachtes gesagt oder zu viel geredet, vielleicht war man nicht bei der Sache und hat die Frage nicht verstanden, auf die man jetzt antworten soll oder man ist ständig von kleinen Details abgelenkt und hört dem Gegenüber kaum zu.
An all diese Dinge denken wir und gehen direkt mit einem unangenehmen Gefühl in Gespräche bzw. versuchen sie aus diesem Grund zu vermeiden.
Social Anxiety
Soziale Phobie ist oft eine Nebenkrankheit die mit ADHS auftreten kann. Dabei fühlt man sich gestresst, wenn man unerwartet jemanden trifft, den man kennt. Man fühlt sich unsicher und beschämt in sozialen Interaktionen. Das geht so weit, dass man versucht Soziale Events zu vermeiden.
Wichtig ist, soziale Phobie nicht mit Introvertiertheit zu verwechseln. Oberflächlich betrachtet, haben die beiden viele Dinge gemeinsam aber es gibt einige grundsätzliche Unterschiede.
Die Grundlage der Introvertiertheit ist die soziale Batterie, die von sozialer Interaktion gelehrt wird. Allein zu sein oder mit Menschen, die dir guttun, ist für introvertierte Menschen angenehmer als sich in Personengruppen aufzuhalten oder mit Menschen, die man nicht gut kennt. Daher tendieren sie eher zu ersterem.
Mit sozialer Phobie möchtest du vielleicht gerne Zeit mit anderen verbringen, aber die Angst dich zu blamieren oder sogar auf Ablehnung zu stoßen hält dich davon ab. Du fixierst dich auf die Möglichkeit, dass du dich durch dein ADHS blamieren könntest, wie den Namen des Gegenübers zu vergessen oder mitten in einem stillen Moment zu niesen. Das frustriert dich, weil du nicht mit anderen interagieren kannst, wie du es gerne wollen würdest.
Introvertiertheit ist ein Persönlichkeitsmerkmal, social Anxiety ist eine Krankheit. Soziale Phobie kann mit intensiver Angst und emotionalem Stress einhergehen. Sollte das bei dir der Fall sein ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu holen.

ADHS und soziale Unsicherheit: Wege aus dem Teufelskreis
Wie also kannst du die ganzen Unsicherheiten, die ADHS in sozialen Interaktionen bewirkt, umgehen oder verbessern?
In vielen Fällen hilft es erst einmal nicht zu streng zu sich zu sein. So vielen anderen Menschen mit ADHS geht es ganz genauso, wie dir. Erkläre deinem Gegenüber, dass es bei dir öfter dazu kommt, dass du andere unterbrichst oder im Gespräch abschweifen wirst, aber es nicht böse gemeint ist. 90 % der Leute wird es verstehen.
Um zu vermeiden, dass du dich in Redeschwallen verlierst, versuche Themen zu vermeiden, die bei dir dazu führen. Setze klare Grenzen um zu vermeiden, dass du versuchst, es allen recht zu machen.
In manchen Fällen, können ADHS Medikamente helfen die Probleme in sozialen Interaktionen zu verbessern. Sprich dazu im Zweifel immer mit deinen Ärzt:innen.
Fazit
Der soziale Alltag mit ADHS kann eine echte Herausforderung sein. Ob das ständige Unterbrechen in Gesprächen, das unbewusste Oversharing oder die lähmende soziale Angst – all diese Aspekte können den zwischenmenschlichen Umgang erschweren. Diese Schwierigkeiten führen oft zu Missverständnissen und sozialer Isolation, was den Alltag zusätzlich belastet.
Doch das Bewusstsein über diese Probleme ist der erste Schritt, um Wege zu finden, damit umzugehen. Mit der richtigen Unterstützung und Strategien kannst du lernen, diese Hürden zu überwinden und deine soziale Interaktion positiver zu gestalten.